Die Alpen sind ein traumhaftes Ziel für Mountainbiker. Doch in der Wildnis lauern auch Gefahren. Bären, Wölfe und andere wilde Tiere können auf einer Mountainbike Tour in den Alpen auftauchen und für Biker zu einer echten Bedrohung werden. Doch keine Sorge, mit ein paar einfachen Verhaltensregeln kannst du dich auf deiner Tour schützen und unbesorgt die Schönheit der Natur genießen. In diesem Artikel erfährst du, wie du dich bei Begegnungen mit Bären und Wölfen verhalten solltest, um sicher und entspannt unterwegs zu sein.



Wie wahrscheinlich ist eine Begegnung mit Bär & Wolf?
Einige der beliebtesten MTB-Touren und Alpencross Routen führen durch Regionen in denen nachweislich Bären und Wölfe beheimatet sind oder in denen Spuren nachgewiesen wurden. So wie zum Beispiel das Adamello-Brenta Gebirge, mit einem der beliebtesten MTB-Übergänge von Madonna di Campiglio an den Gardasee, dem Bärenpass. Das Adamello-Brenta Gebirge beherbergt eine der vitalsten Bärenpopulationen im gesamten Alpenraum. Aber auch in der Schweiz rund um das Bergdorf S-charl oder in Tirol und Vorarlberg konnten Bären bereits nachgewiesen werden. Durch diese Region verlaufen ebenfalls zahlreiche MTB-Touren und Alpencross-Routen wie z.B. über den Pass de Costainas.
Diese Beispiele zeigen, dass wir Mountainbiker durchaus durch die Wohnzimmer der Bären und Wölfe biken. Folglich besteht in der Theorie durchaus eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass du auf deiner Mountainbike Tour oder Alpenüberquerung einem Bären oder Wolf begegnest. Allerdings ist es wichtig zu betonen, dass Begegnungen mit diesen Tieren in den Alpen äußerst selten ist und in der Regel friedlich verlaufen. Dennoch ist es ratsam, dich auf eine mögliche Begegnung vorzubereiten und die Verhaltensregeln zu kennen, um im Ernstfall angemessen reagieren zu können. So kannst du einem unerwarteten Treffen auf deiner MTB-Tour gelassen entgegentreten!
Richtiges Verhalten bei der Begegnung mit einem Bären
Als Mountainbiker solltest du wissen, dass Bären normalerweise den Kontakt zu Menschen meiden. Sie sind Fluchttiere und wollen dir aus dem Weg gehen. Um eine Begegnung zu vermeiden hilft eine gewisse Geräuschkulisse. Zum Beispiel durch ein Glöckchen am MTB-Rucksack oder auch eine Unterhaltung. Aber auch das Mountainbiken als solches verursacht Geräusche und hilft Bären fernzuhalten, bzw. frühzeitig aufzuschrecken und flüchten zu lassen.
Angelockt werden Bären hingegen von Essen, Getränken oder anderen Gerüchen (bspw. Sonnencreme, Zahnpasta oder ähnliches). Ein ausgiebiges Picknick solltest du also besser vermeiden, wenn du in einem betroffenen Gebiet unterwegs bist. In Gebieten in denen Bären ihren Lebensraum haben, empfehlen wir dir auf Einzeltouren gänzlich zu verzichten. In diesen Regionen bewegst du dich besten in einer Gruppe fort. Denn Gruppen haben eine geringere Chance, einem Bären zu begegnen. Also, sei in Bärengebieten vorsichtig und genieße deine Zeit in der Natur!
Für den sehr seltenen Fall, dass du als Mountainbiker dennoch einem Bären begegnet, raten wir dir dich an folgende Verhaltensregeln zu halten:

Begegnung mit einem Bären auf große Distanz
Wenn die Distanz groß genug ist, mindestens 150 Meter, und der Bär keine Jungen bei sich hat, ist es möglich, stehen zu bleiben, um diese seltene Begegnung zu genießen. Du solltest aber auf gar keinen Fall näher an den Bär herangehen! Auch nicht, um es besser beobachten oder fotografieren zu können. Wenn dir das Tier auf deiner Route begegnet, solltest du abwarten bis der Bär die Szenerie verlassen hat.
Möchtest du nicht warten, dann kannst du nach Umgehungsrouten suchen, du drehst um oder du gehst in Richtung Bär weiter. Wenn du die Szenerie verlässt, solltest du dich auf jeden Fall langsam und ruhig entfernen. Wenn sich der Bär nähert oder wenn du in Richtung des Bären weiter gehen willst, solltest du auch das langsam angehen und unbedingt mit Geräuschen auf dich aufmerksam machen.
5 Verhaltensregeln bei einer Begegnung mit einem Bären auf geringe Distanz
Solltest du tatsächlich einem Bären auf sehr geringer Distanz begegnen, also deutlich weniger als 100 Meter, besteht größte Gefahr. In dem Fall darfst du unter keinen Umständen näher an den Bären heran gehen und auch keine ruckartigen Bewegungen machen. Diese 5 Verhaltensregeln können dein Leben retten:
1. Rückzug antreten. Dabei solltest du dich unter keinen Umständen schnell umdrehen und wegrennen. Bären sind schneller als ein Mensch! Selbst auf einem Mountainbike musst du schon gut in die Pedale treten, um einem Bären im Flachen oder bergab zu entkommen. Im Gelände oder bergauf wird der Bär dich sehr wahrscheinlich auch auf deinem MTB einholen! Bären können eine Geschwindigkeit von bis zu 50 km/h erreichen. Auch klettern macht wenig Sinn, denn Bären nicht nur sehr schnell, sondern auch hervorragende Kletterer. Entferne dich also langsam rückwärts und verlier dabei das Tier nicht aus deinem Blickfeld.
2. Ruhe bewahren. Beobachte das Verhalten des Bären und spreche mit ruhiger Stimme und geb dich als Mensch zu erkennen. Du kannst auch zusätzlich mit Geräuschen auf dich aufmerksam machen. Der Merksatz heißt „unaufgeregter Lärm“. Übrigens, wenn ein Bär sich aufrichtet, handelt es sich dabei nicht um aggressiv motiviertes Verhalten. Sondern das Tier will sich dadurch einen besseren Überblick über die Situation verschaffen. Daher eignen sich diese Momente besonders gut, um auf sich aufmerksam zu machen.
3. kein direkter Augenkontakt. Eine Annäherung von weniger als 10 bis 20 m könnte der Bär als Bedrohung auffassen. Folglich ihn zu einem Angriff veranlassen. Vermeide also eine zusätzliche Provokation, in dem du den Bären nicht direkt anstarrst oder mit ihm keinen direkten Augenkontakt aufnimmst.
4. Nicht füttern! Man könnte ja auf die Idee kommen, dem Bären seinen Rucksack samt Essen hinzuwerfen, um sich dadurch wertvolle Zeit für die Flucht zu “erkaufen”. Ganz blöde Idee, denn der Bär will unter Umständen mehr und könnte erst recht angreifen.
5. Tot stellen. Im Extremfall bleibt dir nur noch dich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu werfen und dich tot zu stellen. Dabei solltest du deinen Kopf und den Hals mit den Händen, Kleidungsgegenständen oder dem MTB-Rucksack schützen. In der Regel wird der Bär dich nur beschnuppern und sich wieder entfernen, wenn er merkt dass von dir keine Gefahr ausgeht. Es kann auch durchaus passieren, dass der Bär auf dich zustürmt. Das sind in der Regel jedoch nur Scheinangriffe. Normalerweise wird das Tier vor dir stoppen und anschließend ohne Angriff den Rückzug antreten. Versuche also bei aller Gefahr ruhig zu bleiben!
Verhalten des Bären, wenn er sich bedroht fühlt
Wie oben bereits erwähnt ist die Scheinattacke ein oftmals ungefährliches Verhalten von Bären. Dabei rennt der Bär nach einem Brummen oder Fauchen auf dich zu und hält wenige Meter vor dir an. In der Regel hält er jedoch kurz vor dir an, dreht ab und rennt wieder davon. Es ist durchaus möglich, dass der Bär solche Scheinangriffe mehrfach wiederholt. Solche Scheinattacken kommen meist dann vor, wenn der Bär von dir überrascht wurde. Aber sie enden meist ohne Körperkontakt. Den Bären solltest du dabei nicht direkt anstarren, aber auch nicht aus dem Blickfeld verlieren.
Der Kampf gegen einen Bären (z.B. gegen eine Bärin mit Jungen) oder die Flucht durch wegrennen oder wegfahren ist in der Regel zwecklos. Nicht nur dass er schneller ist, sondern durch dieses Verhalten reizt du den Bären zusätzlich. In Folge dessen kann er noch aggressiver werden. Gute Nachricht: ein Bärenangriff dauert in der Regel nur wenige Sekunden bis max. eine Minute. Schlechte Nachricht: dauert der Angriff länger, will der Bär Beute machen. Dann ist deine letzte Chance dann mit allen Mitteln zu wehren (Schreien, Steine werfen etc.). Die Nasenpartie des Bären ist dabei am empfindlichsten. Du solltest also versuchen ihn an dieser Stelle zu treffen.

Richtiges Verhalten bei der Begegnung mit einem Wolf
Wie der Bär auch, sind Wölfe grundsätzlich scheue Tiere und meiden den Menschen. Solltest du dennoch einem Wolf begegnen, bleib ruhig, bleib stehen und versuche die Situation zu erfassen. Bemerkt der Wolf, dass du ihn entdeckt hast, zieht er sich in der Regel zurück. Wölfe, die in freier Wildbahn aufwachsen und dort leben, sind nach allen bisherigen Erkenntnissen für Menschen und Mountainbiker grundsätzlich ungefährlich.
Gefährlich wird es nur, wenn sich Wölfe mit Welpen in der Nähe befinden. Sollte man also ein Gebiet auf seiner MTB-Tour durchqueren, in dem sich die Wurfhöhle befindet, können Wölfe aggressiv reagieren. Oder auch wenn sie krank (Tollwut), verletzt sind oder wenn man sie in die Enge treibt. Auch hier gilt: ein Wolf nimmt euch im ersten Moment als Gefahr wahr! Hektische Bewegungen oder schnelles wegrennen lassen dem Wildtier zu wenig Zeit, um die Situation zu beurteilen. Folglich entsteht häufig aus dem Fehlverhalten erst die gefährliche Situation.
Langsam und ruhig zurück ziehen ist hier die einzige und beste Lösung im seltenen Fall einer Begegnung mit dem Wolf. Die sogenannte „NINA-Studie“ belegt jedoch, dass trotz steigender Wolfspopulation das Risiko eines Wolfsangriffes sehr gering ist. Von freilebenden, gesunden Wölfen geht daher für Mountainbiker praktisch keine Gefahr aus.
Für den sehr seltenen Fall, dass du als Mountainbiker dennoch einem Wolf oder Wolfsrudel begegnest, raten wir dir dich an die oben genannten Verhaltensregeln für Begegnungen mit Bären zu halten.

Wieviele Bären und Wölfe gibt es im Alpenraum?
Der Wolf hat wie der Bär in den letzten Jahren wieder Teile der Alpen besiedelt. Und das obwohl wissenschaftliche Studien nur etwa die Hälfte der Fläche des gesamten Alpenbogens (rund 100.000 km²) als geeigneten Lebensraum für Wölfe & Bären ausweisen. Folglich sollte man die Anpassungsfähigkeit dieser Tiere nicht unterschätzen. Die aktuelle Verbreitung der Wölfe und Bären in den Alpen zeigt, dass sie fast alle Gebiete der Alpen besiedeln können. Tatsächlich ist es erstaunlich, wie gut sich die Wölfe und Bären an die verschiedenen Lebensräume und Bedingungen in den Alpen anpassen können. Obwohl Begegnungen mit Menschen äußerst selten sind, sind die Ängste der Menschen vor diesen Tieren weit verbreitet. Trotzdem sind sie in manchen Gebieten immer noch sehr umstritten. Jedoch sind Wölfe und Bären ein wichtiger Teil des Ökosystems der Alpen und tragen zur Erhaltung der Biodiversität bei.
So durchwandern bspw. Bären und Wölfe große Regionen und können deswegen in fast allen Alpenregionen angetroffen werden. Für den Alpenraum liegen die Schätzungen bei über 250 Wolfsrudel und etwa 100 Bären. Beide Populationen entwicklen sich derzeit exponentiell. Das Wachstum beider Populationen wird wohl solange andauern, bis der Lebensraum gesättigt ist oder die Populationen reguliert werden.
Es ist daher wahrscheinlich, dass Wolf und Bär in Zukunft auch in anderen Teilen der Alpen wieder heimisch werden. Allerdings gibt es auch Bedenken und Konflikte mit der Landwirtschaft und dem Tourismus, die eine Ausbreitung dieser Wildtiere erschweren können. Und auch ein erster Todesfall durch einen Bären verschärft den Konflikt. Eine sorgfältige Planung und Koordination zwischen verschiedenen Interessengruppen ist daher notwendig, um ein friedliches Zusammenleben von Mensch, Wolf und Bär zu ermöglichen.
Bayern
In Bayern kann nach derzeitigem Wissenstand kein Braunbär in Bayern nachgewiesen werden. Zwar wurden in den letzten Jahren vereinzelt Bärenspuren in Bayern gefunden, jedoch handelt es sich dabei meist um durchwandernde Tiere aus dem Trentino. Auch in Deutschland gibt es seit dem Jahr 2000 wieder Wölfe. Bayernweit wurden bisher nur wenige Wölfe gesichtet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die italienische und österreichische Wolfspopulation mindestens den bayerischen Alpenraum durchwandert. Eine Ansiedlung ist jedoch sehr wahrscheinlich.
Österreich
In Österreich gibt es derzeit Bären nur in den Karawanken, Karnischen Alpen und Gailtaler Alpen in Kärnten und in Osttirol. Aber auch in anderen Bundesländern wie bspw. Tirol und in Vorarlberg wurden Bären in den letzten Jahren vereinzelt gesichtet. Jedoch handelt es sich dabei meist um durchwandernde Tiere aus Slowenien oder dem Trentino in Italien. Der Bestand wird für Kärnten und Osttirol auf fünf bis acht Bären geschätzt. In Österreich konnten im Jahr 2021 drei Wolfsrudel nachgewiesen werden. Im österreichischen Bundesland Tirol gibt es mit die häufigsten durch den Wolf verursachten Rissvorfälle.
Schweiz
Auch in der Schweiz wurden in den letzten Jahren vermehrt Bärenspuren nachgewiesen. Die Strecke zwischen dem italienischen Trentino und der Schweizer Grenze (Bündner Alpen) ist für die Bären in nur wenigen Nächten zu schaffen. Daher ist es anzunehmen, dass bereits einige Bären aus der vitalen Trentiner Population in die Schweiz eingewandert. Darüber hinaus gab es in der Schweiz im Jahr 2022 mindestens 94 Wölfe.

Italien
Der Naturpark Adamello-Brenta und die Provinz Trient entschieden im Jahr 1999 in Zusammenarbeit mit dem INFS (Instituto Nazionale per la Fauna Selvatica) im Rahmen des Wiederansiedelungsprojektes “Life Ursus” zehn Bären aus Slowenien im Naturpark Adamello-Brenta auszuwildern. Das Ziel war in den folgenden Jahren dauerhaft eine Bärenpopulation von 40 bis 60 Bären anzusiedeln. Inzwischen schätzt man die Bärenpopulation in dieser Region auf ca. 100 Bären. Manche dieser Bären haben nachweislich weite Wanderungen unternommen. Bspw. in die Lombardei, nach Südtirol, Österreich, Schweiz und sogar bis nach Bayern. Der Wolf ist in Italien auf 51 Territorien auf knapp 300 Tiere angewachsen. Wölfe sind in Italien streng geschützt und daher gab es bisher noch keine legalen Abschüsse.

Wie schnell rennt ein Bär?
Die Laufgeschwindigkeit von Bären kann für Mountainbiker aus sicherheitstechnischer Sicht eine wichtige Information sein. Wenn du in Gebieten unterwegs bist, in denen Bären vorkommen, ist es entscheidend zu wissen, wie schnell sie laufen können. Und ob es sich lohnt mit dem Mountainbike die Flucht zu ergreifen. Die Laufgeschwindigkeit von Bären variiert allerdings je nach Art. Zum Beispiel kann ein Grizzlybär Geschwindigkeiten von bis zu ca. 55 km/h erreichen. Dem gegenüber ist ein Schwarzbär normalerweise etwas langsamer. Die in den Alpen beheimateten Braunbären können in der Regel ebenfalls Geschwindigkeiten von bis zu ca. 45 bis 55 km/h erreichen. Wenn du also mit dem MTB vor einem Bären fliehen musst, benötigst du eine steilere Abfahrt auf einem Forstweg oder einer Straße um dem Bären zu entkommen. Auf einem Trail oder einer geraden Strecke erreichst du diese Geschwindigkeiten, auch mit reichlich Adrenalin im Blut, nicht.